Frauenberuf Sanitärtechnik? Kein Problem!


«Das isch e längi Gschicht», antwortet Anja Frick auf die Frage, warum sie Sanitärinstallateurin lernt. Sie habe ihren Vater, der Polier ist, schon als Kind gern auf Baustellen begleitet.
«Handwerkliches Arbeiten macht mir Spass, ich könnte nicht in
einem Laden oder im Büro hocken.» Bevor sie sich für
die Sanitärausbildung entschloss, hatte sie als Plättlilegerin und Stromerin geschnuppert. Beim Schnuppern merke man aber schnell, welches der richtige Beruf sei, sagt sie.
Obwohl der Sanitärbereich vorwiegend ein Männerberuf ist – im Kanton Bern ist Anja Frick die einzige Frau in ihrem
Lehrjahr, findet Lehrmeister Vitor Rodriguez die Gleichberechtigung und behandlung von Mann und Frau in diesem Beruf wichtig. Heutzutage finde man im Baugewerbe immer mehr Frauen, zum Beispiel Malerinnen und Schreinerinnen, andererseits lernten auch mehr Männer typische Frauenberufe. «Auf dem Bau nimmt man Rücksicht, man hilft Frauen schneller mal», erklärt Rodriguez. «Natürlich will ich es allein schaffen – trotzdem bin ich froh, wenn ich um Hilfe bitten kann», bestätigt Anja Frick. «Bezüglich des Geschlechts habe ich auf dem Bau nie Negatives erlebt, ich werde sehr gut akzeptiert.» Im Gegenteil, sie findet Männer unkompliziert, direkter …

Einlegearbeiten von Abwasserrohren in eine Betondecke. Foto: zVg

Vorwand einer Lehrabschlussprüfung Sanitärinstallateur EFZ. Foto: zVg

Auf dem Bau seien alle gleich, man könne sich so geben, wie man sei, so Frick. Klar habe es am ersten Berufsfachschultag Reaktionen wie «Wow, eine Frau – was macht die hier?» gegeben. Auch im Zug werde sie manchmal komisch angeschaut, wenn sie in Arbeitshosen unterwegs sei. «Die negativsten Reaktionen kommen interessanterweise von Kolleginnen, die meinen, dass du keine Frau bist, wenn du auf dem Bau arbeitest», bedauert die Lauenerin.
«Manche Leuten denken fälschlicherweise, unsere Arbeit sei schmutzig», stellt Anja Frick fest. Das sehe sie nicht so, ihr gefalle der Beruf, es sei eine interessante Ausbildung. Sie findet es faszinierend, wie aus einem «Loch» Sanitäranlagen entstehen und zu wissen, woher das Wasser kommt, wohin es fliesst, was alles dahinter steckt. «Es ist ein Beruf mit guten Zukunftsaussichten. Ich werde zuerst die Lehre fertig machen, dann sicher ein paar Jahre arbeiten, bevor ich vielleicht eine Weiterbildung in Angriff nehme», erklärt die begeisterte Handwerkerin voller Stolz. Man glaubt ihr aufs Wort!

Anja Frick ist im dritten Lehrjahr als Sanitärinstallateurin bei der Jaggi + Rieder AG in Saanen. Die Siebzehnjährige ist in der Lauenen aufgewachsen. Neben der Passion für ihren Beruf zeichnet sie gerne, spielt Klavier und fährt Töff. Betreut wird sie während der Lehrzeit von Berufsbildner Vitor Rodrigues. Der gebürtige Portugiese kam als Zwölfjähriger mit seinen Eltern ins Saanenland, ging hier zur Schule und machte eine Lehre als Sanitärinstallateur. Der zweifache Familienvater ist in Saanen wohnhaft und der Firma seit über 25 Jahre treu geblieben.
Die beiden sind sich einig, dass gerade das Saanenland wegen der anspruchsvollen, multikulturellen und vermögenden Kundschaft für Sanitärinstallateurinnen und -installateure interessante Perspektiven und abwechslungsreiche Arbeit bietet.
Sanitärinstallateure und -installateurinnen EFZ
beschäftigen sich mit der Montage und Wartung von Wasser-, Abwasser- und Erdgasanlagen, mit Grundleitungs- und Kanalisationsarbeiten, Badezimmer- und Kücheninstallationen sowie Solartechnik. Ihre Ausbildung dauert vier Jahre. Die drei Lernorte sind der Betrieb, die Berufsfachschule und überbetriebliche Kurse. Heizungsinstallateur/in ist eine eigene Berufsgattung.
Ausbildungsprogramm Sanitärinstallateur/in:
- 1. und 2. Lehrjahr: Bereich Trinkwasser
- 2. und 3. Lehrjahr: Abwasserwesen
- 3. und 4. Lehrjahr: Solaranlagen und Gas
Weiterbildungsmöglichkeiten.
- Verkürzte Grundbildung in verwandten Berufen
- Chefmonteur/in Sanitär mit eidg. Fachausweis
- Energieberater/in Gebäude mit eidg. Fachausweis
Höhere Fachprüfungen
Sanitärmeister/in
Dipl. Leiter/in in Facility-Management
Dipl. Sanitärplaner/in
Autor und Foto: Martin Gurtner-Duperrex