Wasserkraft – nur begrenzt eine Lösung?

Die von der BKW betriebenen Wasserkraftwerke Sanetsch (Kraftwerk Sanetsch AG) und Lauenen, der Arnensee (Romande Energie) sowie das Elektrizitätswerk Gsteig erzeugen in unserer Region nachhaltig sauberen Strom. Wäre der Ausbau der Wasserkraft möglich, um die Energiemangellage zu lindern?

Beat Allemann, Fachspezialist Betrieb und Instandhaltung im Wasserkraftwerk Sanetsch, betrachtet die Frage differenziert. Wasserkraft habe viele Vorteile, sagt er. «Speicherkraftwerke sind über die Wasserzufuhr gut regulierbar und können gerade zu Spitzenzeiten eine hohe Leistung erbringen.» Im Winter, wenn mit dem Stauseewasser haushälterisch umgegangen werden muss, werde vor allem morgens und abends die Produktion hochgefahren – bei mehr Strombedarf auch zwischendurch. «Während der Schneeschmelze im Frühling hingegen wird rund um die Uhr produziert, damit der Stausee nicht überläuft.» Ansonsten könne die Energie in Form des gestauten Wassers über längere Zeit gespeichert werden. Aber: «Der Stromverbrauch steigt wegen der wachsenden Elektrifizierung der Gesellschaft. Gleichzeitig wird das zur Verfügung stehende Wasser zur Stromgewinnung wegen des Gletscherschwunds schweizweit abnehmen.»

Allemann schätzt, dass der Ausbau der Wasserkraft um zehn Prozent in unserer Region sehr ambitioniert wäre. «Theoretisch könnte durch die Nutzung des Gältewassers ob Lauenen die lokale Stromproduktion gesteigert werden», meint er. Ein solches Projekt sei aber momentan kein Thema. Auch ein Ausbau des Kraftwerks Sanetsch ist für die Eigentümerinnen BKW und ewb derzeit kein Thema. In der Region verfolgt die BKW einzig das Kleinwasserkraftwerkprojekt Turbach, welches jährlich rund sieben Gigawattstunden produzieren könnte, und die Elektrizitätsgenossenschaft Gsteig zieht den Bau eines neuen Wasserkraftwerks in Betracht.

Zur Person:

Beat Allemann ist in Boltigen aufgewachsen und wohnt in Grubenwald. Der gelernte Elektriker ist seit 2021 bei der BKW tätig und als Fachspezialist Betrieb und Instandhaltung für das Wasserkraftwerk Sanetsch im Inner-gsteig zuständig. Im Hinblick auf die knapper werdenden Ressourcen rät er, besonders bei der Heizung und dem Warmwasserverbrauch sowie durch das Isolieren der Häuser Strom zu sparen.

 

Jährliche Stromproduktion pro Jahr in Kilowattstunden

Wegen des trockenen, heissen Sommers wurde 2022 in den Wasserkraft-
werken Sanetsch und Lauenen deutlich weniger Strom produziert. In der 

Lauenen wurde zudem aufgrund von Hangrutschungen der Betrieb länger-fristig unterbrochen. Demnach produzierten beide zusammen im letzten Jahr Elektrizität für rund 6171 Haushalte, während es 2021 noch 9431 Haushalte waren (man rechnet 4500 kWh pro Vierpersonenhaushalt).

Krach um Wasserfälle: 

Als sich nach 1945 eine starke Zunahme des Schweizer Stromverbrauchs abzeichnete, wurde das Projekt Sanetsch in Bern wieder aus der Schublade geholt. Dabei zog man auch die Möglichkeit eines zweiten Stausees im Rottal oberhalb des Gälteschusses in Betracht. Zusammen mit Naturschutz-
verbänden und dem Alpenclub bekämpfte
die Gemeinde Lauenen das Projekt erfolgreich, weil dies die Austrocknung der Wasserfälle zur Folge gehabt hätte. In Gsteig wurde eine ähnliche Debatte geführt und ein Kompromissvorschlag vorgelegt, um den Sanetschschuss zu retten. 1957 legten die Gemeinden Gsteig und Saanen gegen den Bau des Sanetsch-Stausees Einsprache ein. Trotzdem genehmigte der Bundesrat 1958 die Konzession, auch das Bundesgericht wies die Einsprache aus dem Saanenland ab. 

Der Gälteschuss wäre beinahe für immer verschwunden.

Autor: Martin Gurtner-Duperrex; Lithografie: Fred Stauffer, Saaner Jahrbuch 1974 (Hrsg. Ulrich Chr. Haldi). 4. Jahrgang, Verlag Buchdruckerei Müller, Gstaad 1975.; Quellen: «Gsteig Feutersoey – früher und heute», Müller Marketing & Druck, 2012; BKW Group Communications