Das Elektrizitätswerk Montbovon war am Ende des 19. Jahrhunderts einer der ersten zuverlässigen Stromlieferanten des Saanenlandes und des Pays-d’Enhaut. Das Wasser für den Betrieb wurde über einen Kanal von der Saane herbeigeführt.

Elektrische Kraft aus heiligen Mauern

1895 beschloss die Gemeinde Château-d’Oex die Installation der Elektrizität im Dorf. Auch die
Hotelbesitzer befürworteten die Idee, da die englische Kundschaft elektrisches Licht als selbstverständlich voraussetzte. Eine Sägerei in La Chaudanne war bereit, mithilfe einer Turbine Strom zu produzieren, wenn dafür 200 Abonnenten gefunden würden. Gesagt, getan – das Problem war nur, dass in kurzer Zeit mehrere Pannen das Dorf in stockdunkle Nacht versetzten. Daher schloss man sich ein Jahr später dem neuen zuverlässigeren Elektrizitätswerk in Montbovon an. Gebaut worden war es mit den Bausteinen der just abgerissenen alten Kirche. 

Saanen, Grund und Gsteig bezogen ihre Elektrizität ab 1896 ebenfalls aus Montbovon. Im Jahr zuvor war für die erste elektrische Beleuchtung Saanens noch Strom aus La Chaudanne verwendet worden. Ein Herr Dufour hatte die Vorzüge der Elektrizität im «Anzeiger von Saanen» von 1894 in höchsten Tönen gelobt. Die Lampen wurden demnach von der Werkstätte ausgeliehen und eingerichtet. «Eine Lampe von 10 Kerzen» kostete 15 Franken pro Jahr (andere Lichtstärken wurden ebenfalls angeboten). Die Stromkosten berechnete man für diese Kategorie «jeden Abend bis 10 Uhr brennend» pro Stunde mit einem Cent. «Diesen Bedingungen Zuwiderhandelnde», so wurde angedroht, «kann die Beleuchtung ohne Entschädigung nach 48-stündiger Aufkündung weggenommen werden.»

Im Gsteig wurde von 1912 an für die Elektrifizierung in der Saagi von Emanuel Marti der Rüschbach herangezogen. In der Nacht sorgte ein Gleichstromdynamo für die Produktion, tagsüber speiste eine riesige Akkumulatorenbatterie das Netz, welche «mehr Platz einnahm als die ganze Maschinerie». Abgerechnet wurde pauschal pro Lampe je Haushalt. In der Lauenen versorgte bis 1926 der Wildhorn-Wirt Otto Aellen das Dörfli und dessen Umgebung durch die Heranziehung der Stosskraft des Mülibachs mit Strom.

Anzeiger von Saanen, Nr. 10, 6. März 1894, Gemeindearchiv Saanen

Autor: Martin Gurtner-Duperrex; Foto: Bibliothèque cantonale et universitaire de Fribourg, Fonds Léon de Weck – Georges de Gottrau, LWGG; Quellen:David Birmingham: Château-d’Oex, Mille ans d’histoire suisse, Editions Payot, Lausanne 2005; Emanuel Friedli: Bärndütsch — 7. Band Saanen. Verlag A. Francke, Bern 1927; Bendicht Hauswirth: Saanen — ein historischer Dorfführer. Müller Medien AG, Gstaad 2015; gsteig.ch/Wasserversorgung