Der Bären Gsteig
Im Jahr 1756 liessen die Wirtsleute Johannes Reichenbach und Catharina Perret den Gasthof zum Bären in Gsteig bauen. Unter Führung des Zimmermeisters Petter Reichenbach bauten der Meistergesell Bendicht Reichenbach (Petters Bruder) und viele Gesellen ein Wirtshaus mit grosszügiger Freitreppe zum gibelseitigen Eingang. Mittlerweile zogen 265 Jahre ins Land. Besitzer und Pächter erlebten wirtschaftlich gute und schlechte Zeiten. Aus der jüngeren Vergangenheit ist dokumentiert, dass die Pächter im Zweijahrestakt wechselten. Die Gemeinde Gsteig handelte. Gestützt auf einen positiven Entscheid einer Volksabstimmung konnte der Gemeinderat nun die strategische Führung des Bärens an die Hand nehmen.
Firstpfetten (1)
Firstpfette und Dachbund (Wandpfette) geben dem Dach die nötige Unterstützung. Auf der Seite haben Dachbundkonsolen dieselbe Aufgabe. Diese Firstunterbauten sind eindrücklich und betonen das beruhigende Gefühl, dass das Dach gut gestützt und das Haus stabil ist, für Jahrhunderte gebaut.
Eckverbindung (2)
Echverbindung als Gwätt ausgebildet. Der Begriff Gwätt wird von «wetten» (verbinden) abgeleitet. Die Balkenköpfe werden dabei so ausgeformt, dass sie fest ineinandergreifen und auch ohne metallische Verbindungen halten.
Harfe (3)
Um den Übergang des flachen Eckstollens und des 30 cm vorspringenden Buntkopfs harmonischer zu gestalten, setze der Zimmermeister eine Harfe.
Inschrift (4)
«Der Herr bewahre dieses Hauss und die da gehen eyn und auss. Er bewahre es für Feur und Wassers Noht und Wer thut bawen an die Strassen muss die Leuth reden lassen. O, Mensch, bedenck dein End behend.»
Geschrieben von Jacob Schwitzgebel, Feldfehnrich. Beachte: Originalsprache um 1756.
Verzierungen (5)
Die ältesten Verzierungen sind der senkrechte und der schräge Zahnschnitt sowie der schachbrettartige Würfelfries. Um diese Verzierungen auf die Entfernung besser sichtbar zu machen und auch aus Freude an der Farbe wurden sie häufig bemalt, wobei hauptsächlich Rot, Grün, Weiss und Schwarz verwendet wurden. Die Vordachkonsolen wurden mit farbigen Blumenstücken und anderen Figuren geschmückt.
Die in einzelnen Gruppen stehenden Reihenfenster waren einst mit runden Butzenscheiben verglast. Im 17. Jahrhundert wurde es Sitte, dass Verwandte und Freunde dem Erbauer eines neuen Hauses farbige oder geschliffene Scheiben mit ihren Familienwappen schenkten.
Oberländer Haus
Das traditionelle Oberländer Haus ist mit traufseitigen Lauben versehen. Die oberen dienten zum Trocknen von Obst oder Hanf, die unteren liegen vor dem seitlichen Hauseingang und sind von der Talseite her durch Treppenaufgänge erschlossen.
Verzierung der Pfetten
Die Pfetten wurden mit farbigen Blumenstücken und anderen Figuren geschmückt. Ihren künstlerischen Höhepunkt erreichte die Verzierung und Bemalung der Hausfassade um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Im Bärensaal
Im Bärensaal sieht man eine originale Mittelstolle. Diese hat eine tragende Funktion. Zudem führt und stabilisiert sie die eingenuteten Wandladen.
Baumaterial
Die 1756 erbaute Gaststätte zeigt in ihrem Aufbau eine Mischung von Ständer- und Blockbau. Auf dem gemauerten Unter- oder Kellergeschoss ruht ein in Ständerbau erstellter Stock mit den Stuben und der Küche. Darüber folgen ein bis zwei in Blockbau konstruierte Geschosse mit den Gaden. Als Baumaterial wurde zu allen Zeiten hauptsächlich Rottannenholz verwendet. Die zum Teil über zwei Meter weit vorspringenden, ziemlich flachen Dächer, deren Schindeln früher durch Steine beschwert und festgehalten wurden, werden auf der Giebelseite von mächtigen, konsolenartigen Vorstössen, den Pfetten, getragen.
Quelle: Christian Rubi, Die Zimmermannsgotik im Saanenland, Die Bauernhäuser des Kantons Bern/Band 1, Das Berner Oberland;
Beratung: Arnold Reuteler, Grund bei Gstaad; Autor: Eugen Dornbierer-Hauswirth
Fotos: Eugen Dornbierer-Hauswirth, Foto Oberl.nder Haus: Christian Rubi, Die Zimmermannsgotik im Saanenland